Paddeln, wo andere hin verbannt werden – Elba 2013

Elba in so kurzer Zeit zu umrunden, hatten wir eigentlich gar nicht geplant. Dass wir aus Zeitmangel nicht jeden der 145 Küstenkilometer und damit jede noch so kleine Bucht abfahren, war uns von Anfang an bewusst. In Reaktion auf die Wetterprognosen haben wir die knapp 90 km dann sogar in drei Tagen gepaddelt.

Los geht es in Acquaviva bei Portoferraio. Hier sind wir gestern, nach der Überfahrt aus Richtung Venedig, in einem Campingplatz untergekommen. Man spricht deutsch so wie die meisten der Campinggäste. Im Restaurant gab es hervorragende Küche und das Auto kann die Woche über hier bleiben. Verkehrt ist das alles nicht.

Da die Winde im Laufe der Woche zunehmen und auf West drehen sollen, wollen wir die Westseite der Insel mit weniger Anlandemöglichkeiten lieber hinter uns haben und starten unsere Tour gegen den Uhrzeigersinn.

Der Monte Capanne ist wolkenverhangen. Er und der Rest der Insel präsentieren sich idyllisch und das Wasser ist glasklar. In der letzten Wochen hat es auch hier ordentlich geweht. Davon merkt man heute nichts. Als wir das Nordost-Kapp erreichen, fallen uns immer häufiger kleine blaue Gegenstände auf, die im Meer schwimmen. Was ich erst für Müll halte, entpuppt sich schließlich als… ja was eigentlich. Bei näherer Betrachtung wirken sie wie Quallen, die sich mit einem Segel haben ausrüsten lassen – tatsächlich sind es Segelquallen. Man trifft sie rund Elba wohl nicht so häufig an. Die starken Winde der letzen Woche haben sie aber offensichtlich hierherverschlagen. Sie kommen in immer dichteren Schwärmen, sodass die Sorge aufkommt, links um die Ecke versteckt sich das Mutterschiff und saugt schließlich uns auf.

Im Vorfeld haben wir uns einen Strandführer besorgt, der jeden der gut 150 Strände Elbas in Bezug auf Zugänglichkeit und Beschaffenheit beschreibt. Teilweise fällt die etwas sehr positiv aus, ist aber jedenfalls ein guter Anhaltspunkt. Als Strand werden auch so ziemlich alle Unterbrechungen der Steilküste gewertet. So peilen wir den zuvor ausgewählten Strand Le Tombe an. Dort erwischt uns ein Schauer. Die im Strandführer versprochene Abendsonne bleibt aus. Dafür entschädigen wir uns selbst mit einem Lagerfeuer aus Treibholz und genießen den Blick auf’s Meer hinaus, wo eigentlich Korsika liegen sollte.

Am nächsten Morgen sind tatsächlich die Konturen Korsikas deutlich zu erkennen. Die Gipfel der Berge sind noch schneebedeckt. An diesem Tag lernen wir, wie anfällig Skegs sein können. Erster Kandidat ist Christoph, der sein Skeg-Steuer schon nach wenigen Kilometern wieder gangbar machen muss, bevor eine Grotte zur Befahrung einlädt. Bei der nächsten Anlandung habe ich wiederum Steine vom Kiesstrand in den Skegkasten bekommen und bei dem anschließenden Gezerre an der Vorrichtung den Führungsschlauch aus der Befestigung gerissen. Catharina fährt es zwar noch händisch aus – für den Rest der Etappe bin ich aber stark lufgierig und muss mein Boot während der langen Querung ständig mit Bogenschlägen auf Kurs halten. Die Anstrengung lässt meine Laune in den Keller sinken. Diese hebt sich erst wieder als die Mine, die neben unserem Zielstrand liegt, in Sicht kommt. Nach einer längeren Skegreparatur funktioniert dieses besser als zuvor. Eine endgültige Befestigung verschiebe ich mangels Material aber auf zu Haus.

 

Immerhin scheint die Sonne. Die Laune steigt wieder nach erfolgreicher Reparatur und Christoph muss nicht lange überzeugt werden, eine Roll-Session in der idyllischen Bucht einzulegen. Auch die Handrollen sitzen in leicht bewegtem Wasser, bis nach einer guten halbe Stunde die Luft raus ist. Natürlich lassen wir uns eine Besichtigung des Minengeländes nicht entgehen. Früher Elbas Haupteinnahmequelle wurde hier irgendwann der Betrieb aufgegeben und ohne größere Vorkehrungen alles stehen und liegen gelassen und dem Verfall preisgegeben. Entstanden ist ein feiner Abenteuerspielplatz für Erwachsene.

Am nächsten Tag geht es bei leichtem Nordwind die Ostküste hinaus. Am Strand hatten wir keinen Internetempfang für eine aktualisierte Wetterprognose. Das holen wir nach Einkauf und Mittagessen in Marina die Campo nach. Für die nächsten beiden Tage werden sehr starke Winde aus West angesagt, sodass wir befürchten müssen, auf einem angepeilten Strand an der Ostküste festzusitzen. Wir entsschleßen uns daher bereits heute die Etappe zu verlängern und zum Ausgangspunkt zurückzupaddeln. Und das stellt sich schon jetzt als gute Entscheidung heraus. Es folgt der schönste Abschnitt der Tour. Während der Wind sich legt, rollen die von den Nordwest-Winden der Vortage erzeugten Dünungswellen noch bis zu zwei Meter hoch heran. Sie brechen nur selten, sodass es paddlerisch angenehm bleibt, aber mal richtiges Seekajak-Feeling aufkommen lässt…

Auch die Winde, die ab der anschließenden Nacht über den Campingplatz in Acquaviva fegen und Gischt bis zu unseren 100m vom Strand entfernten Zelten pusten, geben unserer Entscheidung Recht. Bei den Brandungswellen, die über den ganzen Tag in der eigentlich recht geschützten Bucht auflaufen, wäre ein sicheres anlanden nur schwerlich möglich gewesen.