Allgemein wird dem Intervalltraining durch die Mischung aus großer Anstrengung und geringerer Belastung eine deutlichere Steigerung von Kraft und Ausdauer als durch simple Dauerbelastung zugeschrieben. Das klingt für mich logisch, hat in der Vergangenheit ganz gut funktioniert und gestaltet das Training vor allem abwechslungsreicher – zumal, wenn man die Art der Intervalle ändert und mit Dauerbelastung kombiniert. Gleichzeitig sorgt dieser Wechsel dafür, das die Muskeln regelmäßig neue Anreize bekommen. Ein Intervalltraining kann man sowohl im Kajak als auch auf dem Ergometer absolvieren. Egal welche Intervallart gewählt wird, sollte ein Einpaddeln von 5 bis 10 Minuten den Kreislauf erst mal hochfahren.
Tabata
Wahre Wunder werden dem Tabata-Training zugeschrieben. „In nur 4 Minuten …“ Zur Zeit ist auch ein Tabata-Training mein Favorit auf dem Ergometer. Das Grundprinzip von Tabata ist 20 Sekunden hohe Belastung, 10 Sekunden Pause (oder mäßige Anstrengung) – 8 mal nacheinander ergibt das die 4 Minuten. In ein längeres Training bindet man das sinnvollerweise mit drei Durchgängen ein. Mit Einpaddeln und Auspaddeln sieht das bei mir auf dem Ergometer (ca. 45 Minuten) z.B. so aus: 10 Min mit mäßigem Tempo einpaddeln | Tabata-Set 1 | 6 Minuten entspannt paddeln | Tabata-Set 2 | 6 Minuten entspannt paddeln | Tabata-Set 3 | 7 – 10 Minuten entspannt auspaddeln.
Stufenintervalle / Leitern
Bei Stufenintervallen wird die Dauer der hohen Belastung nach und nach erhöht. Beispielsweise zunächst 1 Minute, gefolgt von 1 Minute mäßiger Anstrengung, dann 2 Minuten, gefolgt von 2 Minuten mäßiger Anstrengung, dann 3 Minuten, gefolgt von 3 Minuten mäßiger Anstrengung usw. Sobald ein Punkt erreicht ist, bei dem nicht mehr die komplette Zeit mit hoher Belastung durchgefahren werden kann, wird zurückgezählt: 3 Minuten Belastung, gefolgt von 3 Minuten mäßiger Anstrengung, 2 Minuten Belastung … Ein oder mehrere Stufenintervalle lassen sich ebenfalls in ein längeres Training integrieren.
Um die Intensität zu erhöhen kann die mäßige Anstrengung auch auf durchgängig 1 Minute gesenkt werden: 1 Minuten Anstrengung, 1 Minute mäßig, 2 Minuten Anstrengung, 1 Minute mäßig, 3 Minuten Anstrengung, 1 Minute mäßig …
Als Alternative zu Zeitintervallen können natürlich auch Streckenintervalle gefahren werden: 250 Meter, 500 Meter, 750 Meter, 500 Meter, 250 Meter o.ä. Ebenfalls möglich und leicht zu zählen sind Paddelschläge: 20, 40, 60, 80 …
Feste Intervalle
Ebenfalls möglich ist es, die Intervalle fest zu definieren also durch Abfolgen von bspw. 2 Minuten Anstrengung, 4 Minuten Erholung, 2 Minuten Anstrengung, 4 Minuten Erholung, 2 Minuten Anstrengung … Das Verhältnis von Anstrengung zu „Erholung“ kann dabei von Training zu Training zu Gunsten der Anstrengung verschoben werden.
Wer noch mehr Abwechslung und weitere Inspirationen benötigt, wird bei Concept2 fündig. Der Hersteller von Ruderergometern bietet auf seiner Homepage ein „Workout des Tages“ in drei verschiedenen Längen. Das gibt eigentlich eine ganz gute Vorstellung, was man noch probieren kann, auch wenn man die bei Ruderern übliche Angabe von Schlägen pro Minute übertragen muss (z.B. in eine angestrebte Geschwindigkeit, Pulsfrequenz oder subjektive Anstrengung). Die Vorschläge kann man sich auch per Newsletter schicken lassen.
Der Artikel „Pursuing the perfect Greenland paddle“ von Christopher Crowhurst erschien im Juli 2014 in Ausgabe 42 des Ocean Paddler Magazine und unter Qajaqrolls.com. Die deutsche Übersetzung erscheint hier mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Als die antiken Inuit entlang der Küste Grönlands erstmalig ihre Handwerkskunst aufnahmen, waren ihre Paddel bereits beeinflusst von Generationen früherer Paddelschnitzer. Durch die Migration der Inuit aus Ost und West übernahmen sie Traditionen und Techniken, die von den Küstenvölkern des nördlichen Atlantik und Pazifik entwickelt worden waren. Die vorherrschenden Doppelpaddel der Inuit waren stark geprägt durch die für die Jagd notwendige Lautlosigkeit und Geschwindigkeit. Die Ansprüche moderner Paddler haben sich geändert und die wenigsten jagen noch für ihren Lebensunterhalt. Daher ist es nicht überraschend, dass sich die Form ihrer Paddel weiterentwickelt hat.
Das Grönlandpaddel ist ein leistungsfähiges Werkzeug. Viele scheinen damit nur das Rollen im Kajak zu assoziieren. Dieses Klischee wird vermutlich dadurch verschärft, dass Leute wie ich hauptsächlich Videos vom Rollen veröffentlichen und wenige Artikel zu dem Anwendungsgebiet veröffentlicht werden, in dem das Paddel tatsächlich hervorsticht, nämlich vorwärts zu paddeln und das Kajak zu manövrieren. Viele Langstreckenrekorde im Paddeln wurden durch Grönlandpaddler aufgestellt; man erinnere sich nur an den Geschwindigkeitsrekord, den Jo O’Blenis bei der Umrundung von Vancouver Island aufgestellt hat. Dabei hat er ein Grönlandpaddel benutzt. Man erinnere sich ebenso an James Mankes Tour den Grand Canyon herunter im letzten Jahr. Er hat dafür einzig ein Grönlandpaddel genutzt. Solange es die richtige Länge und Form für die jeweiligen Bedingungen hat und mit dem entsprechenden Training, kann ein Grönlandpaddel hervorragend für jede Umgebung und sämliche Bedingungen sein. Ist es perfekt? Das herauszufinden liegt bei Dir! Ich hoffe, Dir die feinen Unterschiede im Design des Grönlandpaddels bewusst zu machen und Dir dadurch auf Deiner Suche nach dem perfekten Paddel zu helfen.
Es wurde bereits viel über die Prinzipien geschrieben, wie sich die Dimensionen des Grönlandpaddel an Hand der Körpermaße herleiten lassen. Diese Regeln sind auf vielen der Webseiten gut dokumentiert, die sich mit traditionellem Paddeln beschäftigen. Länge, Breite, Schaftgröße, Position der Paddelschulter etc. berechnen sich danach an Hand der Körperproportionen des Paddlers. Ein Punkt, der häufig dabei übersehen wird, ist, dass das persönliche Kajak traditionellerweise ebenfalls an Hand verschiedener Körpermaße konstruiert wurde. Es passte also nicht nur das Paddel zum Paddler, sondern auch das Paddel zum Kajak. Solange er nicht sein individuelles skin-on-frame Kajak baut und die Dimensionen mit traditionellen Maßen festlegt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass der moderne Seekajaker ein Kajak vergleichbarer Proportionen fährt. Die meisten modernen Kajaks sind breiter, haben einen flacheren Boden, sind kürzer und haben ein höheres Deck. Üblicherweise sitzt der Paddler aufrecht auf einem bequemen Schaumstoff- oder Fiberglassitz – das ist ein großer Unterschied zum Sitzen auf einer Schicht von Tierpelzen, die Deinen Hintern vor dem kalten Wasser schützt, das Dir die Spante des Kajaks in den Körper drückt. Diese Änderungen im Kajakdesign haben zu parallelen Änderungen im Paddeldesign geführt. Außerdem hat sich die Nutzung des Kajaks verändert. Rock hopping, Surfen, Wildwasserfahrten, Gepäckfahrten, Roll-Wettkämpfe und Rennen haben sich alle entwickelt, als das Kajaken sich von einer existenziellen Fähigkeit zum Überleben zu einem Sport und Mittel der Erholung entwickelt hat. So wie sich unsere Nutzung des Kajaks verändert hat, so haben sich die Paddel verändert, die wir nutzen.
Wenn man einen näheren Blick auf die Archive der bekanntesten Kajakforen wirft, wird man unzählige erbitterte Debatten darüber finden, ob das Grönlandpaddel besser ist als ein Europaddel und welches das „richtige Paddel“ für verschiedene Aufgaben ist. Meine Lieblingskommentare kommen regelmäßig von Leuten, die Grönlandpaddler fragen, wann sie das letzte Mal auf Robbenjagd waren. Ich bin mir sicher, dass solche Diskussionen nicht aussterben, solange verschiedene Designs von Paddeln gebräuchlich sind.
Statt über die verschiedenen Vorzüge zu streiten, lass uns lieber für den Rest des Artikels unterstellen, dass Du eine dieser Personen bist, die sich aus welchem Grund auch immer für die Nutzung eines Grönlandpaddels entschieden hat.
Wenn Du daran interessiert bist, ein historisches Paddeldesign der Inuits für die Robbenjagd nachzubauen, gibt es eine Vielzahl großartiger Bücher mit einem Überblick über alle entscheidenden Maße derjenigen Paddel, die von Historikern zusammengetragen wurden – mein Lieblingsbuch ist Kayaks of Greenland von Harvey Golden. Genausowenig wie der bloße Nachbau eines skin-on-frame-Kajaks für die Jagd nicht zwangsläufig ein für Dich passendes Kajak ergibt, wird der Nachbau eines historischen Paddels nicht zwangsläufig das perfekte Paddel für Dich zur Folge haben. Für viele ist der ausschlaggebende Punkt auch nicht die Perfektion, sondern die Freude und Belohnung, die man daraus zieht, Geschichte wieder aufleben zu lassen.
Der Rest dieses Artikels wurde geschrieben, um denjenigen zu helfen, die den Ursprüngen unseres Paddelsports huldigen und ein traditionelles Grönlandpaddel nutzen wollen, aber es auch als praktisches, effizientes und angenehmes Werkzeug begreifen.
Die Größe muss zum Zweck und Boot passen
Reduziert auf die wesentlichen Elemente gibt es eigentlich drei absolut kritische Größen an einem Grönlandpaddel: die Gesamtlänge, die Breite des Blattes und die Länge des Schaftes. Aktuell fahre ich gern mit Paddeln drei unterschiedlicher Längen: 2,13 m, 2, 18 m und 2,28 m. Jedes Paddel hat einen sehr unterschiedlichen Mix der verschiedenen Dimensionen und seinen speziellen Einsatzzweck.
Das Paddel für’s Surfen oder rock hopping ist ein kürzeres und breiteres Paddel (2,13 m lang und 9 cm breit) als die Paddel, die ich für Langstreckenfahrten einsetze. Zwischen den Felsen sorgt die zusätzliche Breite für einen größeren Biss des Paddels in einer frühen Phase des Schlags, es funktioniert auch im flacheren Wasser oder muss nicht so tief eingetaucht werden und die größere Hebelwirkung ermöglicht schnellere Richtungswechsel. Später werde ich auch noch auf die Blattform eingehen, die ebenfalls diese größere Kraft fördert. Im Surf werden zwei Faktoren besonders wichtig: einer ist die Möglichkeit schnell zu beschleunigen und der andere ist das Paddel schnell über das Kajak umzusetzen. Die Beschleunigung wird begünstigt durch eine breitere Blattspitze. Ein kürzeres Paddel kann durch seinen geringeren Schwung und das frühere Auftauchen aus dem Wasser leichter von einer Seite auf die andere geführt werden. Ein längeres Paddel wird schwerfälliger sein, weil Du das Paddel hochhebeln musst, um es aus einer Welle zu lösen. Eine Herausforderung durch ein kürzeres Paddel ist die geringere Kraft des Heckruders, einem üblichen Paddelschlag beim Surfen. Jede Veränderung ist ein Kompromiss. Um Dein perfektes Paddel zu finden, musst Du die Kraft für Richtungswechsel und die Geschwindigkeit für das Umsetzen des Paddels ausbalancieren.
Auf Langstreckenfahrten wechsle ich lieber auf ein längeres, schmaleres Paddel (2,28 m lang und 7 cm breit). Das schmalere Blatt sorgt für einen sanfteren „catch“ des Paddels beim Eintauchen ins Wasser und das wiederum verringert die Belastung der Schulter bei jedem einzelen Schlag. Die zusätzlich Länge lässt das Paddel tiefer eintauchen und sorgt dafür, dass eine hinreichende Fläche des Paddels im Wasser liegt, um einen effizienten Vorwärtsschlag zu ermöglichen.
Mein Alltagspaddel ist mein Lieblings-Rollpaddel (2,18 m lang und 8 cm breit). Aus meiner Erfahrung heraus ist diese Größe sehr vielseitig. Beim Erlernen der Rolle mag ein breites, langes Paddel den Leuten das Gefühl geben, besser zu rollen. Aber das ist irreführend, denn eine gute Beherrschung der Rolle hängt nicht von der Oberfläche des unterstützenden Paddels ab. Ich rolle lieber mit meinem regulären Paddel, da mir das schnell zeigen wird, ob ich mich zu sehr auf das Paddel verlasse, weil die geringere Oberfläche es schneller absinken lässt, sobald ich mich darauf stütze.
Vor der Dimensionierung des Paddels ist es hilfreich, die Schaftweite festzulegen. Der Schaft wurde üblicherweise mit der Hüftbreite des Paddlers und einer zusätzlichen Handbreite bemessen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Breite des Kajaks ebenfalls berücksichtigt werden muss, sofern man ein breiteres Boot fährt als die historischen Kajaks. Je breiter das Kajak ist, desto länger muss der Schaft werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass traditionelle Grönlandkajaks nur ein paar Zentimeter breiter als die Hüften waren. Meine bevorzugte (durchschnittliche) Schaftlänge ist 51 cm – das passt für meine Grönlandkajaks und britischen Seekajaks, mit Breiten zwischen 48 und 54 cm. Wenn Du Dir den Unterschied bewusst machen willst, nimm einen kurzen Besenstiel zur Hand, setz Dich in Dein Kajak und führe mit unterschiedlichen Handabständen eine flüssige Paddelbewegung aus – und schaue, wie sie sich verschiedene Positionen anfühlen! Finde den optimalen Bereich und miss den Abstand! Prinzipiell ist die Schaftbreite der Abstand der jeweiligen Punkte zwischen erstem und zweiten Fingerknöchel an jeder Hand.
Meine Paddellänge habe ich bemessen, indem ich mich mit einem Besenstiel (mit der vorher gemessenen Schaftbreite) in mein Kajak gesetzt und zu einer Bewegung wie beim Vorwärtsschlag angesetzt hab. Ich wollte eine Paddellänge erreichen, die an dem Punkt ins Wasser eintaucht, an dem der Zugarm voll ausgestreckt, mein Rumpf leicht eingedreht und meine Hand in ihrer natürlichen Position und Höhe für den Paddelschlag war. Wenn Du das selbst ausprobierst, musst Du berücksichtigen, in welchem Winkel Du das Paddel führen willst. Eine steile oder flache Paddelbewegung verändert die Höhe der führenden Hand nachhaltig, welche wiederum den Winkel beim „catch“ und damit die optimale Paddellänge verändert.
Sobald man die Schaftlänge und Gesamtlänge gefunden hat, ist der nächste wesentliche Wert die Blattbreite. Üblicherweise wird von der Blattbreite am breitesten Punkt gesprochen. Das Bewusstsein, wo und welche Art von Paddelaktivitäten Du planst, wird Dir helfen über die Blattbreite zu entscheiden. Wie oben geschrieben, benutze ich verschiedene Blattbreiten jeweils passend zu verschiedenen Umgebungen. Geh nicht davon aus, dass es eine Größe für alle gibt! Wenn Du darüber nachdenkst, mit dem Grönlandpaddel zu rollen, ist es wichtig sicherzustellen, dass das Blatt angenehm in Deine Handfläche zwischen Daumen und Finger passt, um alle Arten von Rollen (auf der flachen Stütze basierende und vorwärts endende bzw. auf der hohen Stütze basierende und rückwärts endende) bequem absolvieren zu können. Wenn Dein Paddelblatt zu breit ist, läufst Du Gefahr, dass Du es am Rand nicht richtig greifen kannst und es Dir während der Rolle entgleitet. Die beste Kontrolle hast Du, wenn Du das Blatt angenehm greifen kannst.
Die Form des Blattes
Grönlandpaddel verjüngen sich vom der Spitze zum Schaft – manche in gerader Linie, andere mit einer konkaven, wiederum andere mit einer konvexen Kurve. Die Kraft des Paddels bei der Beschleunigung hängt substanziell von der Zunahme der eintauchenden Oberfläche beim Versenken des Paddels ab. Um die Beschleunigung im Surf und die Kraftübertragung beim rock hopping zu maximieren nutzen viele – mich eingeschlossen – Paddel, bei denen die ersten 15 bis 20 cm die selbe Breite haben und sich dann mit einer konvexen Form bis zu den Schultern des Schafts verjüngen. Bei meinem Langstreckenpaddel versuche ich die Kraftübertragung auf die Schulter zu minimieren und gestalte daher den „catch“ sanfter. Dafür mag ich es, wenn sich das Paddel in fast gerader Linie verjüngt.
Die Form der Spitze
Wie es viele Religionen gibt, gibt es viele Formen für die Blattspitze. Von halbrund bis eckig und alles dazwischen. Die Form der Blattspitze scheint viele Auswirkungen zu haben: sie verändert das Geräusch, wenn das Paddel ins Wasser taucht, sie verändert leicht die Blattoberfläche und sie wirkt sich darauf aus, wie das Wasser während der Zugphase des Paddelschlags um das Paddel fließt. Manche Leute weisen der Blattspitze auch eine Verantwortung für das Flattern zu. Aber ich denke, die Blattform insgesamt hat einen viel größeren Eifluss auf das Flattern. Außerdem gibt es ästhetische Aspekte. Ich persönlich mag runde Spitzen, solange ich nicht auf maximale Kraftübertragung abziele – dann nehme ich eine gerade Blattspitze mit abgerundeten Ecken.
Blattquerschnitt
Grundsätzlich verändert sich der Blattquerschnitt entlang der Länge des Paddels. Ein flacheres Profil an der Blattspitze scheint es dem Paddel zu erlauben, leiser und effizienter ins Wasser einzutauchen. Eine Diamant-Form nah der Paddelschulter hilft dabei, den Eintauchwinkel (und die schräge Führung – „cant“) besser zu kontrollieren, was besonders Anfängern dabei hilft, die traditionellen Paddelschläge auszuführen. Beim Schnitzen aus Holz ist wichtig, genug Material über die ganze Länge zurückzubehalten, damit das Paddel seine Stabilität behält. Dünne Blattquerschnitte sind empfindlicher, wenn sie mit Steinen in Berührung kommen – einmal mehr ist es an Dir, das Design des Paddels der Umgebung anzupassen.
Beim Paddeln scheinen die meisten Inuit die Paddelblatt leicht schräg geführt zu haben. Da das Paddel durch das Wasser schneidet, ist es am sinnvollsten eine tragflächenähnlichen Querschnitt zu konstruieren, um während des Paddelschlags eine laminare Strömung über dem Blatt zu erzeugen – wie beim Wingpaddel. Im Querschnitt sind die Paddelblätter symmetrisch, was die Erzeugung einer laminaren Strömung einschränkt. Aber eine hydro-dynamisch effiziente Form kann einen großen Einfluss darauf haben, wie sich das Paddel anfühlt.
Der Anströmwinkel des Arbeitsblattes beeinflusst den Winkel, in dem das Paddel während jedes Paddelschlags gehalten werden muss. Leute, die ein neues Paddel als flatternd empfinden, halten es normalerweise in einem Winkel, für den es nicht konstruiert wurde. Durch Testen einiger Paddel mit verschiedenen Querschnitten, wirst Du in der Lage sein, die Form für den Winkel zu finden, in dem Du das Paddel führen möchtest.
Schulterform
Die Schultern des Paddels beeinflussen den Komfort des Paddels genauso wie der Winkel, in dem Du es hältst. Während des Paddelns solltest Du keine Druckpunkte verspüren. Unter normalen Umständen sollten auch keine Blasen an Deinen Fingern oder Handflächen auftreten. Viele Paddelmacher haben einen guten Ruf erworben durch ihre Fähigkeit, sanfte und angenehme Schultern herzustellen. Der Wert der Erfahrung dieser Paddelbauer sollte nicht unterschätzt werden. Schlechte Schultern können ein Paddel ruinieren.
Eine andere Option, die Du bei der Nutzung von Grönlandpadden in Betracht ziehen solltest, ist auf Schultern ganz zu verzichten. Ich mag das Paddeln mit schulterlosen Paddeln, weil es einen schnellen Wechsel zwischen den verschiedenen Seiten im Surf und den einfachen Übergang in den Gleitschlag („sliding stroke“) erlaubt. Einige Leute bevorzugen aber, besonders am Anfang, das solide Gefühl, das Schultern ihnen geben, indem sie keinen Zweifel aufkommen lassen, wo man gerade das Paddel anfasst und wann es korrekt ausgerichtet für Paddelschläge oder Rollen ist.
Schaftquerschnitt
Grundsätzlich gibt es drei Varianten von Schäften: eckig, oval und rund. Eckige und ovale Schäfte tendieren dazu, beim Greifen mit einem bestimmten Winkel in der Hand zu liegen, was den Paddelblättern seitliche Stabilität verleihen kann. Runde Schäfte tendieren dazu, keine stabilisierende Wirkung zu haben, können aber angenehm bei jedem Winkel gegriffen werden. Der Schaftquerschnitt sollte so dimensioniert werden, dass Dein Daumen und Zeigefinger den Schaft bequem umrunden können und Dein kleiner Finger nicht angespannt ist. Einige eckige Schäfte können unbequem sein, wenn Du das Paddel nicht angewinkelt führst („canted stroke“). Du solltest also bei der Auswahl des Schaftquerschnitts berücksichtigen, wie Du paddeln möchtest.
Material
Die traditionellen Materialien zur Herstellung von Grönlandpaddeln sind Holz und Knochen. Für den durchschnittlichen Paddler dürfte das Material der Wahl Holz sein. Mein Favorit ist schöne, dicht gemaserte Zeder ohne Astlöcher, aber viele andere Hölzer wurden erfolgreich genutzt. Fichte wurde für viele sehr stabile Paddel genutzt. Zeder wird für sehr leichte Paddel verwendet. Es muss immer ein Kompromiss gefunden werden zwischen der Verfügbarkeit der Materialien und dem angestrebten Design. Viele Paddler passen entweder Hartholzspitzen ein, um die traditionellen Knochen zu ersetzen – andere tauchen die Paddelspitzen in Epoxid oder ähnliche Materialien, um sie zu verstärken. Ich schleife lieber die durch Stöße entstehenden rauhen Enden mit Schleifpapier ab und reibe sie mit Tung-Öl ein, damit sie weiter gut aussehen und das Wasser abweisen.
Es gibt viele kommerzielle Anbieter von Grönlandpaddeln, die hauptsächlich Holz und Carbon als Material verwenden. Insbesondere Carbon wird genutzt, um leichte und stabile Paddel zu konstruieren. Die Vorteile der Carbonfaser-Technologie erlauben, Paddel zu bauen, die aus Holz so nicht verlässlich konstruiert werden könnten. Ultradünne Blätter, die einige Rennkajaker bevorzugen, würden schnell beschädigt werden, wenn sie aus Holz gefertigt wären – aber die Stabilität von Carbon und Epoxy erlaubt die Kreation einiger sehr eleganter Designs. Durch den Gießprozess sind die Carbon-Paddel generell sehr robust. Durch Änderung der Zusammensetzung des Carbons kann auch die Flexibilität des Paddels geändert werden, damit sie entweder in ähnlicher Weise nachgeben wie Holz oder so steif sind wie Stahl. Du hast die Wahl.
Ein Paddel kaufen
Ich habe schon viele Leute getroffen, die glauben, das für sie perfekte Paddel zu besitzen. Viele dieser Paddler haben niemals den Luxus genossen, verschiedene Paddel auszuprobieren und zu experimenieren, um den Einfluss von Design und Größen und damit den Unterschied zwischen einem guten Paddel und einem großartigen Paddel zu verstehen. Bevor man sich für ein kommerziell gebautes Paddel entscheidet, empfehle ich, entweder zu versuchen, ein paar Paddel selbst zu bauen, um zu verstehen, welche Größe und Form zu Dir, zu Deinem Paddelstil und zu Deinem Kajak passt – oder so viele Paddel wie möglich von verschiedenen Paddlern zu borgen und herauszufinden, wie sie sich für Dich anfühlen und wofür Du sie einsetzen kannst. Einfach ein Grönlandpaddel aus einem Ladenregal oder von einer Webseite zu nehmen und zu erwarten, dass es großartig ist, wird nicht dafür sorgen, dass Ihr beide langfristig glücklich miteinander werdet.
Die Qualität kommerzieller Paddel – gleich ob Holz oder Carbon – variiert merklich. Einige Hersteller sind stolz darauf, Kunstwerke zu kreieren. Einige Schreiner sind sehr gut darin, die richtigen Holzbohlen auszuwählen, ein wesentlicher Teil für das Bauen eines Holzpaddels. Einige sind preiswert, andere sind teuer. Einige bieten eine große Bandbreite von Längen, andere haben nur wenige Größen im Angebot. Jedes Paddel ist ein Kompromiss. Frag Deine Paddelfreunde und in Online-Netzwerken nach Empfehlungen, lies Online-Bewertungen (ich habe viele veröffentlicht). Es gibt da draußen einige mit wirklichem handwerklichen Können, die in der Lage sind, sehr spezielle Paddel zu bauen – vielleicht ja sogar Dein perfektes Paddel.
Christopher Crowhurst, ein in Minnesota / USA lebender Exil-Brite, ist leicht besessen vom Grönland-Rollen. Im Jahr 2010 hat er Qajaq Rolls gegründet, ein philanthropisches Unternehmen, dass die Weitergabe der traditionellen Kunst des Grönland-Rollens im Kajak (qajaq) fördert. Christopher hat Videos, Schaubilder und schriftliche Anleitungen entwickelt, um Paddlern dabei zu helfen, traditionelle Grönlandrollen zu lernen. 2010 hat er im Selbstverlag Rolling with Sticks veröffentlicht, ein wasserfestes Handbuch über fünfundzwanzig Grönlandrollen, und dies um eine Begleit-DVD ergänzt. 2011 nutzte er das Unternehmen, um ein Programm kostenfreier Rollen-Workshops zu etablieren und zu finanzieren. Diese bieten Praxistraining für Paddler, die ihre Grönland-Rollen weiterentwickeln wollen.Christopher kann über seinen Webseite http://qajaqrolls.com kontaktiert werden.
Dem ein oder anderen wird es aufgefallen sein: lange Strecken zu paddeln, bereitet mir zwischenzeitlich durchaus Spaß. Die Zeitschrift Adventure Kayak hat nun für ihre Webseite einen älteren Artikel ausgegraben, den ich ganz spannend finde. Weitpaddler Ray Fusco gibt darin einige konkrete Tipps, was man auf langen Paddeldistanzen beachten sollte. Seine Paradestrecke ist 113 km lang, die er in 14 Stunden bewältigt hat. Das gibt mir Gelegenheit, seine Hinweise mit meinen bisherigen Erfahrungen abzugleichen.
Energieverbrauch
Eigentlich einfache Feststellung, aber der Energieverbrauch durch das Paddeln und Nahrungsaufnahme müssen sich die Wage halten, um einen Hungerast zu vermeiden. Ray rechnet mit 100 kcal pro Seemeile (1,852 km) bei einer Geschwindigkeit von viereinhalb bis fünf Knoten (8,3 – 9,3 km/h). Das entspricht den 400 bis 500 kcal pro Stunde, die ich bisher zu Grunde gelegt habe, auch wenn meine Reisegeschwindigkeit üblicherweise ein wenig unter seinen Werten liegt. Für eine Strecke über 100 km empfiehlt er fünf proteinreiche Energieriegel, fünf Gels, zwei Sandwiches, einen Schokoriegel sowie frisches und getrocknetes Obst. Da ich auf Lebensmittel aus dem Reagenzglas gern verzichte (Analogkäse ist meine einzige Schwäche), habe ich bisher auf längeren Distanzen neben einem Berg von Bananen vor allem Müsli- und Schokoriegel an Bord gehabt und mich bemüht, zumindest einmal pro Stunde ein Teil davon zu essen. In einer kurzen Mittagspause sind Butterbrote für ein größeres Sättigungsgefühl meine erste Wahl.
Getränke
An Getränken empfiehlt Ray für eine Strecke um die 100 km mindestens sechs Liter an Flüssigkeit, bestehend aus drei Litern Wasser und drei Litern „energy drink“. Es gilt Elektrolyte wieder aufzufüllen. Ich bin bisher mit vier Litern bestens ausgekommen. Das mag je nach Wetter unterschiedlich sein, aber bisher habe ich eigentlich immer ordentlich wieder mitgebracht. Am Ende hat man während der Tour ja vor allem mit zwei Zielkonflikten zu kämpfen: genug Trinken ist die eine Seite der Medaille. Der Stoffwechsel nimmt aber auch während einer Paddeltour seinen Lauf und eine volle Blase paddelt nicht gern… Reines Wasser fand ich irgendwann zu dröge, sodass ich mich nach etwas mit mehr Geschmack umgeschaut habe, das auch noch ein wenig zum Elektrolythaushalt beiträgt und nicht zu süß ist. Gelandet bin ich zunächst bei naturtrübem Apfelsaft und einem guten Schuss Limettensaft, gemischt mit Wasser im Verhältnis 1:3. Zuletzt bin ich aber im Supermarkt auf eine neue Saftmischung aus Orange/Traube/Apfel/Limette gestoßen, das sich im gleichen Mischungsverhältnis zwischenzeitlich bewährt hat. Im Gegensatz zur Empfehlung von Ray transportiere ich die Getränke immer noch im CamelBak in der Rückentasche meiner Schwimmweste. Das erschwert zwar tatsächlich ein wenig die Rotation. Der Vorteil, ohne große Anstrengung während des Paddelns einen Schluck zu nehmen, wiegt das aber in meinen Augen auf.
Technik
Genau die Empfehlungen auf die Beinarbeit und den Catch zu achten, vergegenwärtige ich mir irgendwann auch wie ein Mantra. Dabei erinnere ich mich gern an die klare Ansage von Birgit Fischer, dass man beim sportlichen Paddeln eben nicht das Paddel einfach so durch’s Wasser ziehen, sondern ganz bewusst den Catch ausführen, den Druck auch spüren und dann das Paddel kraftvoll durchziehen soll. Das ganze sei ja kein Sonntagsausflug und soll eben auch anstrengen. Ebenfalls hilft mir dabei die Pulsuhr, die ich mittlerweile zumindest bei flotteren Runden trage. Mit Beinarbeit und Paddelschlägen, die was bringen, ist mein Puls nämlich automatisch mindestens auf 130. Irgendwas zwischen 140 und 150 ist mein Ziel. Sobald er unter 120 sinkt, weiß ich, dass ich es mir zu gemütlich mache und der Trott einsetzt. Dann heißt es mit ein paar bewusst kräftigen Schlägen in höherer Frequenz, den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen und wieder in den Flow zu kommen.
Sitzfleisch
Was Ray nicht erwähnt, in meinen Augen aber DEN begrenzenden Faktor für die Langstrecke darstellt, ist die Kondition des Gluteus Maximus. Während in letzter Zeit kaum mehr Arme oder Rumpf während des Paddelns spürbar ermüden oder ich später Muskelkater bekomme, kann ich schlicht irgendwann nicht mehr bequem sitzen. Über zehn Stunden im Boot zu sitzen ist dabei eine Trainingsfrage, aber auch eine Frage der Ausrüstung. Obwohl mein Sitz bereits eine leichte Polsterung hat, ist für mich eine weiteres dünnes Polster aus simpler „Baumarkt“-Isomatte unerlässlich, aber auch ausreichend.
Als ich mein teilbares Grönlandpaddel aus Carbon beim Zoll abholen musste, war es schon ein gewisser Aufwand, dem (sehr freundlichen und gelegenheitspaddelnden) Zöllner glaubhaft zu machen, dass der Inhalt überhaupt ein Paddel ist. Auf dem See ist die häufigste Frage, ob denn dieser dünne Stock überhaupt groß genug ist, um genug Vortrieb oder beim Stützen ausreichenden Auftrieb zu erzeugen.
Mathematik
Um diese Frage auch für mich messbar zu beantworten, habe ich zu Maßband und Taschenrechner gegriffen. Deutlichster Unterschied ist, dass das Blatt vom Grönlandpaddel zwar schmaler, aber gut doppelt so lang ist wie das des Europaddels. Meines taucht beispielsweise beim Grundschlag ca. 75 Zentimeter tief ein. Bei einer Breite von 6 Zentimetern in Schaftnähe und 8 Zentimetern am äußeren Ende ergibt dies zirka 525 Quadratzentimeter an Paddelfläche. Beim Gleitschlag (“sliding stroke”) entsteht durch das tiefere Eintauchen zusätzliche Paddelfläche, sodass etwa 550 Quadratzentimeter zusammenkommen. Verglichen mit meinem Europaddel, dem Werner Kalliste und seinen 650 Quadratzentimetern, sind dies tatsächlich 15 bis 20 Prozent weniger Paddelfläche.
Physik
Die bloße Fläche ist aber noch lange nicht alles. Beim Grundschlag muss das Paddel so im Wasser verankert werden, dass sich der Paddler förmlich daran entlang ziehen kann. Diese „Verankerung“ („catch“) ist Ergebnis aufeinander abgestimmter Technik und Paddelform. Je größer die Fläche, desto weniger ist die Technik entscheidend. Wenn ich die Deckel von zwei Mülltonnem am Paddel befestige, habe ich natürlich allein durch die Fläche eine gute Verankerung. Eine kleinere Fläche kann durch Technik ausgeglichen werden – vor allem durch das Anwinkeln des Grönlandpaddels („canted stroke”). Das führt im Ergebnis zu einer vergleichbar guten Verankerung. Zudem wird das Grönlandpaddel regelmäßig mit höherer Frequenz gefahren.
Geschichte
Dass Grönlandpaddel so schmal sind, ist übrigens nicht der Tatsache geschuldet, dass den Inuit mangels geeigneten Treibholzes keine breiteren Holzstücke zur Verfügung standen, wie häufig vermutet wird.
„Die dünnsten Kajak-Paddel, die ich je gesehen habe, gehörten einigen Eskimo […], die in einer Region lebten, die so ausreichend bewaldet war, dass sie mit dem Holz einen kleinen Schoner gebaut hatten.“ (Eigene Übersetzung von Murdoch, The Ethnological Results of the Point Barrow Expedition, 1892)
Die Form basiert vielmehr auf praktischen Erwägungen: das Paddel ist genau so dimensioniert, dass der Paddler es an jeder Stelle sicher greifen kann, was sehr effizientes Rollen & Steuern erlaubt. Interessant ist zudem die Aufstellung in Harvey Goldens „Kayaks of Greenland“. Während sehr frühe Grönlandpaddel sogar eine ähnliche Form wie Europaddel hatten, hat sich das Paddel in vierhundert Jahren Entwicklungsgeschichte zu dem entwickelt, was wir heute als Grönlandpaddel kennen.