Begrabt meine Kamera an der Biegung des Flusses!

Im März hat man auf erzgebirgischen Wildflüssen die Chance auf gute Paddelbedingungen. Sicher ist das nicht und manchmal muss auch eine Talsperre nachhelfen. Nach der Premiere im letzten Jahr haben wir uns auch in diesem Jahr dem SCBG bei seiner traditionellen Wildwasserfahrt angeschlossen. Gepaddelt wurde natürlich abwechselnd. Samstags mit weiblicher Eleganz auf der Flöha, sonntags mit männlichem Übermut auf der Zwickauer Mulde. Wichtigste Lektionen des Wochenendes: nach fest kommt ab & Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denk-, senken aber das Rollvermögen. Vielen Dank an Pro-Tec für kein Muß im Kopf und Glückwunsch an GoPro für das Geschäftsmodell!

Ein Plan und der südlichste Punkt Dänemarks

„Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“ pflegte John „Hannibal“ Smith stets zu sagen. Sowas kann mir nicht passieren. An die Ostseeküste fahre ich nur mit Boot und das muss auf’s Wasser – egal, wie das Wetter ist. Wir verbringen den Urlaub in Marielyst auf Falster, gut zehn Kilometer nördlich von Gedser. Der Wind bläst kräftig aus Süd. Also: was liegt näher als gegen den Wind nach Gedser zu paddeln und zurück zu surfen? Vieles sicherlich – aber das ist hier immer noch mein Plan!

Also geht es auf die Ostsee. Wie erwartet, ist das Paddeln gegen einen 6er Wind nicht wirklich einfach. Ich verbuche das unter Training. Wirklich flott bin ich nicht und die Südspitze von Falster kommt und kommt nicht näher. Unter dem Strich paddle ich einen guten 4er-Schnitt. Durchaus annehmbar. Je näher ich der Südspitze komme, desto stärker bläst mir der Wind entgegen. Teilweise habe ich das Gefühl, gar nicht mehr voranzukommen. Neben mir schweben Möwen elegant auf der Stelle und schießen immer wieder pfeilschnell ins Wasser. Ich gebe nochmal alles und fahre um die Südspitze, den südlichsten Punkt Skandinaviens. Für Ehrfurcht habe ich keine Zeit. In Anbetracht der brechenden Wellen und des ein oder anderen Felsens wechsle ich die Schirmmütze gegen den Helm, der griffgreit auf Deck hinter mir liegt. Auch wenn meine Pläne nicht immer die besten sind, bin ich zumindest vorbereitet.

Ich schiebe mich weiter um die Inselspitze herum. Die Wellen werden immer größer und sind teilweise eineinhalb bis zwei Meter hoch. Ich versuche, mich nicht von ihnen mitnehmen und an Land drücken zu lassen. Das geht eine ganze Weile gut. Je mehr ich aber den Rest der Strecke einsehen kann, desto weniger Lust verspüre ich, weiterzupaddeln. Die noch verbleibenden zwei bis drei Kilometer gibt es ziemlich starken Wind und brechende Wellen von der Seite. Wäre ich nach drei Stunden gegen den Wind paddeln nicht schon völlig fertig, hätte ich das vielleicht sogar in Angriff genommen. So bin ich aber fast dankbar, als mich einer der Brecher nun so weit ans Land trägt, dass ich nicht mehr weg komme. Ich konzentriere mich also darauf, eine der Stellen zu erwischen, die frei von Felsen sind. Das Anlanden ging auch schon mal eleganter – aber sei es drum. Raus ist raus. Das GPS sagt: 12 km in drei Stunden. Rekorde sehen anders aus.

Ein freundlicher Urlauber hilft mir dabei, das Boot die Küste hinaufzutragen, und weist mir den Weg Richtung Gedser. Er kündigt mir zudem einige schöne Fotos an, die er von mir geschossen hat. Zwei weitere Pluspunkte auf meiner Vorbereitungsliste: Bootswagen und Wechselklamotten sind im Kajak. Wäre ich beim Rollern an der Küste nicht noch in einen heftigen Schauer gekommen, wäre also zumindest Plan B ziemlich gut aufgegangen.

Hiddensee-Marathon 2014 – Pleiten, Pech und Pannen

Wenn ich zur Zeit bei etwas im Training bin, dann ist es frühes Aufstehen. Der 4:00-Uhr-Wecker am Samstagmorgen zaubert mir also nur ein müdes Lächeln ins Gesicht. Das mit dem Paddeln ist da schon herausfordernder. Wegen anderer Prioritäten habe ich keine 300 km an Vorbereitung im Boot vorzuweisen. Im Vorjahr waren es fast dreimal so viel. Zwar habe ich mich mit ein wenig Krafttraining zu Hause und der ein oder anderen 45-Minuten-Einheit auf dem Ergometer fit gehalten. Aber, dass mir Bootskilometer fehlen, ist mir trotzdem klar. Zwei längere Touren in den letzten vier Wochen geben mir aber die Zuversicht, dass ich zumindest die Distanz von 70 km innerhalb der Zeitvorgaben durchhalten werde. Viel mehr habe ich mir daher auch nicht zum Ziel gesetzt – auch wenn ich natürlich auf eine etwas bessere Zeit als bei den ziemlich widrigen Bedingungen vom Hiddensee-Marathon 2013 schiele.

Nach dem Startschuss befinde ich mich in meinem natürlichen Habitat – ziemlich weit hinten. Die hintere Gruppe ist in diesem Jahr aber etwas größer. Auch insgesamt habe ich das Gefühl, dass sich das Feld nicht so schnell auseinanderzieht. Gleich zu Anfang gibt es eine schöne Überraschung: wir starten mit Rückenwind. Sobald aber die Seeseite von Hiddensee zu befahren ist, heißt das für mich ebenso wieder, dass das Skegboot häufig ausschlägt. Soweit, so bekannt – leider. Trotzdem geht es in diesem Jahr flotter voran auf die Nordspitze.

Dort macht sich so langsam Erschöpfung bei mir breit, sodass die obligatorische Pause beim „Toten Kerl“ sehr gelegen kommt. Nach einer kurzen Rast gehe ich halbwegs regeneriert die zweite Hälfte an. Ab jetzt gibt es Wind von schräg vorn. Ich fahre daher mein Skeg aus. Möchte ich zumindest… das Skeg hat sich offenbar beim Anlanden verklemmt. Und auch ohne dass ich großen Druck ausüben würde, löst sich sofort der Schieber vom Zugseil und das Skeg ist nicht mehr einsatzfähig. Soweit, so bekannt – leider. Werkzeug habe ich dabei. Das letzte Mal auf Elba hat mich diese Reparatur unterwegs aber ein bis zwei Stunden gekostet. Das ist heute nicht drin. Also beschließe ich die 35 km ohne funktionstüchtiges Skeg weiterzufahren. Laut Prognose soll der Wind ja nicht allzu stark sein. Das geht die ersten Kilometer auch ohne größere Korrekturorgien gut. Irgendwann lässt der Wind sogar fast ganz nach.

Leider gibt es trotzdem ganz nette Dünungswellen aus Richtung Hiddensee. Und die machen mich irre! Keine drei Schläge kann ich jetzt machen, ohne dass sich mein Boot zu den Wellen drehen will und ich ein bis zwei Korrekturschläge einbauen muss. Ich freue mich daher schon ziemlich, dass ich das letzte Meldeboot innerhalb der Zeitvorgaben erreiche. Ab jetzt sinken die Ansprüche immer rapider: nur noch schaffen heißt die Devise. Nicht die besten Ausgangsbedingungen für noch gut 15 km. Die ständig notwendigen Korrekturen lassen mich verspannen, sodass ich immer wieder Pausen einlege, um mich im Boot zu strecken. Offenbar übe ich bei der letzten dieser Streckübungen zu viel Druck auf meinen Rückengurt aus, der nun aus der Verankerung reißt. Soweit, so bekannt – leider. Meine von „Das ist jetzt nicht wahr!“ eingeleiteten Flüche hört zum Glück nur der wieder leicht aufgefrischte Wind. Jetzt heißt es: „Trotz alledem!“ Ich will aus eigener Kraft in Stralsund einlaufen, obwohl hinter mir schon drei Begleitboote recht verlockend vor sich hin tuckern.

Auf dem Festland und Rügen zieht jetzt zu allem Glück noch ein Gewitter auf. Immer schneller zieht es zu, Blitze zucken und Donner grollt. Die eben noch sichtbaren Kirchtürme von Stralsund verschwinden wieder im Dunst. Als mich die ersten Tropfen erreichen, wächst auch die Gewissheit, dass das mit der Weiterfahrt wohl eng wird. Kaum habe ich das realisiert, kommt mir auch ein weiteres Begleitboot entgegen. Im Schlepp hat es die beiden Boote, die sich in der letzten halben Stunde deutlich abgesetzt haben, nachdem wir einige Zeit gleichauf gepaddelt waren. Mir wird der Rennabbruch verkündet und ich werde einem DLRG-Boot zugewiesen und von den freundlichen Begleitern an Bord genommen. Bei 61 km und knapp 90 Prozent der Strecke ist damit Feierabend. Ich erkläre meinen Taxifahrern kurz, warum ich so ein sonderbares Paddel benutze, wir sammeln noch einen weiteren Paddler ein und brausen zurück nach Stralsund.

Mit ziemlicher Sicherheit hätte ich mich ohne den Rennabbruch noch die letzten Kilometer ins Ziel gequält. Aber das Wetter hat diesmal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es war die Mühe trotzdem wert. Großer Respekt gilt vor allem den zahlreichen Begleitbooten, die demonstriert haben, dass sie und die Rennleitung vom Stralsunder Kanu-Club stets alles im Griff hatten. Mit diesem beruhigenden Gefühl fällt es leicht, sich voll und ganz auf sich selbst und die eigenen Herausforderungen zu konzentrieren. Bis zum nächsten Jahr!

Nachklapp: Die Ergebnisse sind jetzt verfügbar – mit der von den Veranstaltern „kalkulierten Zeit“ bin ich ganz zufrieden 😉

Auf ein Neues – Paddeln bis der Arzt kommt

Man soll ja nicht immer nur über großartige Touren, Erfolgserlebnisse und vermeintliche Heldentaten schreiben. Gerade aus Rückschlägen lernt man ja oft am meisten – und seien es nur die eigenen Grenzen. Aber der Reihe nach…

Bei unseren letzten Touren zum „Gasthaus zum weißen Schwan“, in dem wir als Paddler stets sehr willkommen sind und das ca. 17 km vom TKV-Bootshaus entfernt liegt, haben wir hin und wieder eine kleine Tafel an der Wand bewundert. Ebenjenes Gasthaus hat einen Preis für diejenigen Paddler oder Ruderer ausgelobt, die als erste im neuen Jahr anlegen und Rast machen. Das mag in früheren Zeiten später im Jahr gewesen sein. Schon länger hat man allneujahr_08erdings nur eine Chance auf den Ehrenplatz an der Wand, wenn man – Eisfreiheit vorausgesetzt – an Neujahr aufschlägt. Nachdem der auf der Tafel vermerkte Rekord vom 1. Januar 2012 auf 10:03 Uhr lautete und das Gasthaus (offiziell) um 10:00 Uhr öffnete, verblieb uns daher nur ein schmales Zeitfenster, wollten wir 2013 an der Wand prangen.

neujahr_05Dieses Ziel vor Augen setzten sich Catharina, Gero und ich am Neujahrsmorgen in die Boote und legten pünktlichst um 7:26 Uhr ab. Klingt verrückt… ist es wahrscheinlich auch. Belohnt wurden wir durch eine herrliche Zeit in der Ruhe des Tegeler Sees. Nur der ein oder andere versprengte Knall erinnerte noch an die bürgerkriegsähnlichen Zustände der Silvesternacht. Die Skyline von Tegel wurde langsam blutrot und die ersten Sonnenstrahlen trafen auf das leicht vom Wind bewegte Wasser. Hatten wir bis zur Havel noch Gegenwind, schob er uns ab jetzt unserem Ziel entgegen. Sogar der Kanal vor Henningsdorf war in dieser morgendlichen Stimmung idyllisch. Vorbei an den immer imposanter werdenden Biberburgen kamen wir Kilometer für Kilometer unserem Ziel immer näher und die angepeilte Zeit von 10:00 Uhr war greifbar. Als wir kurz vor zehn den Weißen Schwan in Sichtweite hatten, lag allerdings bereits ein Vierer-Ruderer am Steg und das Fähnchen des Rudervereins Birkenwerder wehte arrogant im Wind. Damit waren neben dem gewohnten Platz am Holzsteg auch unser Platz auf der Tafel bereits anderweitig vergeben.

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Ich legte daher an einem der übrigen Stege an, stieg aus und zog mein Boot am vorderen Toggle an Land. Dem PE-Bootskörper macht das ja nicht viel aus. Leider dem Gummizug, der das Toggle auf Spannung hält schon… Im letzten Moment löst sich der Haken, der den Gummizug am Ring der Rundumleine halten soll und schnellt mir entgegen. Mit ziemlicher Geschwindigkeit trifft er die Handwurzel meines linken Mittelfingers. Meine Hand ist von den Außentemperaturen und dem Wasser noch ziemlich kalt. Außer einem kurzen Schmerz merke ich daher/trotzdem (?) nichts. Nichts weiter dabei denkend ziehe ich mir die Handschuhe aus und entdecke eine ziemlich eindrucksvolle Beule, die sich gebildet hat und immer größer wird. Zwischenzeitlich habe ich einen großen Huckel vom Durchmesser einer Zwei-Euro-Münze auf meiner Handaußenseite. Ich zeige ihn kurz Gero, der neben mir angelegt hat, verneine aber sofort ruhigen Gewissens, dass die Verletzung wehtut und verschiebe eine Behandlung auf drinnen. Ein paar Momente später wird mir zunehmend schwindelig. Ich setze mich zunächst auf einen der vom Sommer verbliebenen Gartenstühle. Den Vorschlag von Gero, mich hinzulegen, bejahe ich sofort. Den Weg ins Innere des Gasthauses, auf dem er mich stützt, nehme ich kaum noch wahr. Schnell werde ich endgültig bewusstlos.

neujahr_01Zum Glück sind die Ruderer zur Stelle und helfen, mich mit vereinten Kräften hineinzutragen. [Davon hatten sie ja noch genug, da sie einen viel kürzeren Anfahrtsweg hatten. Nur ein Spaß: vielen Dank nochmal!]. Drinnen lichtet sich dann der Schleier wieder und ich werde nach kurzer Abwesenheit wieder klar. Nachdem der Rettungswagen gerufen ist, bin ich auch schon wieder so weit, blöde Sprüche machen zu können. Der Notarzt stellt denn auch einen soliden Blutdruck fest. Damit bin ich, neujahr_13 mit einem Eisbeutel bewaffnet, zwar wieder auf dem Damm. Zurück zu paddeln, wäre aber unverantwortlich. Ich vertraue daher mein Boot schweren Herzens Gero und seiner Schleppleine an, während ich selbst die Rückfahrt im Taxi antrete.

Warum mein Körper für meine Verhältnisse so ungewöhnlich (Schock!) reagiert hat, ist mir immer noch nicht ganz klar. Vielleicht mag die Erschöpfung nach dem Paddeln im Kalten und eine noch nicht ganz überwundene Erkältung dazu beigetragen haben. In jedem Fall lehrt es mich, wie abhängig ein neujahr_14Paddler von seinem Material sein kann und wie leicht auch schon klein erscheinende Defekte dumm ausgehen können. Meine Toggle befestige ich jetzt jedenfalls ohne die dämlichen Haken. Und auf die olle Tafel will ich im nächsten Jahr auf jeden Fall.

Nachklapp: erledigt!