Keine halben Sachen

Ähnlich wie bei der letzen Aller-Hochwasser-Rallye habe ich ausreichend Entrüstung auf mich gezogen, als ich kurz erwogen habe, beim Berliner Kanu-Halbmarathon allein anzutreten. Also ging es erstmalig in unseren Wanderzweiern als K2 Mix an den Start bei einer Fahrt mit Zeitnahme – in Begleitung ein paar weiterer Einer aus dem Verein. Die Strecke führte zu ganz großen Teilen über die Seen, die im letzten Winter zu meiner Brot- und Butter-Strecke für die kalte Jahreszeit geworden sind. Nur in die Große Krampe hatte ich mich bisher nicht vorgewagt. Schlussendlich waren alle mit der Tour und den jeweils erpaddelten Zeit sehr zufrieden – insbesondere angesichts des zum Teil recht starken Windes. Einmal mehr eine Veranstaltung mit viel Potenzial, dass es nicht bei der einmaligen Teilnahme bleibt.

Hiddenseemarathon 2025

Auch 2025 war der Hiddenseemarathon für mich der vorläufige Höhepunkt des Paddeljahres. Beim sechsten Mal fühlte ich mich so gut vorbereitet wie nie zuvor und die Routine brachte mir Ruhe. Gleichwohl ist kein Hiddenseemarathon wie der andere. Dieses Mal prägte der ehrfürchtige Blick auf die Windprognosen die Tage vor dem Rennen, die auch die Organisatoren zu einer beruhigenden Mail an alle Teilnehmer motiviert hat – ohne sich aber den Hinweis zu verkneifen, dass man sich ja nicht grundlos zum „härtesten Offshore-Rennen Deutschlands“ angemeldet habe. Zur obligatorischen Einweisung am Vorabend stand dann aber fest, dass der Marathon stattfindet und zwar auf der gewohnten Strecke im Uhrzeigersinn um Hiddensee herum.

Der Wind auf der Ostsee war dann auch nicht so stark wie vorhergesagt – reichte aber, um ein paar schöne Wellen zu erzeugen und recht gut Richtung Nordspitze zu pusten. Dass Dünungswellen in anderem Winkel kamen, sorgte aber dafür, dass ich doch zwei, dreimal recht hart stützen musste. Da war ich ziemlich happy, dass ich mich in letzter Minute gegen Experimente mit meinem noch recht neuen Paddel entschieden habe, bei dem mir ein wenig die Souveränität gefehlt hätte. Irgendwann passierte ich einen Surfski-Fahrer, der gerade wieder aufstieg und ein Zweierteam, das gerade ihr Boot lenzte. Um die Nordspitze herum luden schließlich Wellen zum Surfen ein. Es mag sein, dass ich eine davon etwas überschwänglich nehmen wollte und mich verstützt habe. Jedenfalls fragte mich jemand knapp 20km später, ob ich die Rolle mit Absicht eingebaut habe, weil sie so elegant ausgesehen habe…

Fest stand, dass jedenfalls für die zweite Hälfte zwischen Hiddensee und Rügen keine Vergnügungssteuer anfällt. 35km gegen Wind und Wellen von der Seite prügeln, zehrte irgendwann an der Substanz. Trotz guter Vorbereitung zogen hier wieder einige an mir vorbei, die ich an der Pausenstelle passiert hatte. Aber so hatte ich einmal mehr ausreichend Orientierung für meine Nemesis – das letzte Meldeboot zu finden. Auf geradem Kurs ging es anschließend auf die Kirchtüme von Stralsund zu – ging ich doch davon aus, dass es auf dem Strelasund dann sowas wie Windabdeckung gibt und ich die letzten 7 – 8 km nochmal ganz entspannt paddeln kann. Dass einige einen großen Bogen nach rechts und dann dicht unter Land fuhren, hätte mich vielleicht stutzig machen sollen. Das hätte mir dann aber die nach 9 Stunden Paddeln wunderbare Erfahrung geraubt, wie der 5er Wind alle zwei Sekunden ziemlich harte Wellen seitlich gegen das Boot haut und das aufspritzende Wasser mir in einer Tour die Sicht nimmt.

Bei vergleichbaren Bedingungen war ich vor zwei Jahren knapp zwei Stunden langsamer und ich konnte dieses Mal ausreichend gut mit dem Feld mithalten. Nachdem mein Trainingszustand vorher schon subjektiv recht gut war, ist das wohl eine schöne Bestätigung, ein paar Sachen in der Vorbereitung richtig gemacht zu haben. Bis zum nächsten Jahr.

Viel Elbe in kurzer Zeit

Der Meißen-Magdeburger-Mammut-Marathon hält auf meiner Todo-Liste den Rekord der Veranstaltung, an der ich am längsten und häufigsten nicht teilgenommen habe. Ohne ein zufälliges Gespräch im Bootshaus des Vereins und die sich daraus ergebende Mitfahrgelegenheit wäre vielleicht ein weiteres Jahr dazugekommen. Ist es aber nicht.

So durfte ich zum ersten Mal erleben, wie ein paar Dutzend Paddlerinnen und Paddler einem Uhrwerk gleich am Samstag und Sonntag mit Euphorie statt Murren vor 4:00 aufstehen, um eine schon recht lange Schlange im Sanitärbereich vorzufinden. Anschließend geht es auf zwei laaange, aber wirklich schöne Etappen auf der Elbe, die sich auf gut 240 km summieren. Die Strömung der Elbe hilft dabei, der Wind nicht immer. Top Orga und freundliche Vereine als Gastgeber. Wirklich gern wieder!

Hiddenseemarathon 2024

Meine Blogbeiträge über den Hiddenseemarathon bedeuten für mich stets einen willkommenen Anlass für zweifelhafte Wortspiele mit Zahlen. Aber da lass ich dieses Mal fünfe grade sein. Zur Vorbereitung bin ich in diesem Jahr jedenfalls deutlich häufiger und regelmäßiger auf’s Wasser gekommen und kein pandemischer Virus hat mich aus dem Spiel genommen. Zudem waren die Wetterbedingungen mit umlaufendem Wind schon übertrieben ideal. Das und ein guter pacemaker haben schließlich für einen knappen 8er Schnitt und damit eine Zeit von 8:52 Stunden gesorgt. Da ich das nur schwer unterboten bekomme, habe ich direkt beschlossen, mich zur Ruhe zu setzen. Ein Comeback im nächsten Jahr ist aber dann doch recht wahrscheinlich.

2023

Auch wenn es im vergangen Jahr keine regelmäßigen Beiträge hier im Blog gab (oder auch nur überhaupt einen…), saß ich die ein oder andere Stunde im Seekajak oder Wanderzweier. Und es sind ein paar schöne Erinnerungen in vielen Blau- und Grüntönen zusammengekommen. Nicht für alles lohnt ein ein eigener Beitrag, weil auch viele Klassiker dabei waren – allen voran der Hiddenseemarathon. Bei anderen fehlt die Zeit für ausführlichere Beiträge – z.B. den Familienurlaub in Schweden, auf Rheinsberger Gewässern oder das Brandungspaddeln vor Usedom. Auch 2024 ist einiges geplant, der Tegeler See taut gerade wieder auf und die Fähre Richtung Norden ist gebucht.

Auf die 12 | Hiddenseemarathon 2021

Das schöne am Hiddenseemarathon ist, dass man wirklich ausreichend Zeit hat, sich ein tolles Wortspiel für den nachfolgenden Blogbeitrag zu überlegen. Ich jedenfalls durfte im dritten Anlauf mit der Startnummer 12 antreten. Da ich nach sieben Jahren Pause (darüber komme ich immer noch nicht hinweg) ein wenig aus der Übung war, hatte ich es verschwitzt vernünftiges Tape zum Befestigen der Startnummer mitzunehmen und war beim Zusammenschnorren offenbar so zurückhaltend, dass besagte Startnummer ab der Nordspitze von Hiddensee ziemlich agil im Wind flatterte und ich alle paar hundert Meter mit dem Paddel kräftig drauf rum klopfen musste. Auf die 12… haha. Ziemlich länglicher Einstieg. Aber ich schreibe mich hier im Blog ja auch erst wieder warm.

Über den Marathon selbst muss man ja gar nicht groß was schreiben. Ist er doch seit 20 Jahren eine Institution in Seekajakfahrerkreisen. Den Organisatoren kann gerade derzeit nicht hoch genug angerechnet werden, dass ihnen trotz der aktuellen Einschränkungen und Hindernisse nicht die Motivation abhanden kommt und sie da wieder eine großartige Veranstaltung organisiert haben.

Ich persönlich habe im letzten Jahr wieder angefangen, regelmäßig und (manchmal vielleicht ein wenig zu) konsequent Sport zu treiben. Zur Jahreswende war da der Hiddenseemarathon ein willkommenes Ziel, um die Energie zu kanalisieren – hatte ich doch auch noch hier eine Rechnung bzw. einen erfolgreichen Abschluss offen. Eingedenk der letzten Jahre mit *hust* eher wenig Bootskilometern hatte ich mir vor allem das Ziel gesetzt, den Marathon auf eigenem Kiel zu beenden. Wenn ich dann noch unter 10 Stunden bliebe… Auch hier lange Rede. Nach einer wirklich großartigen Tour rund um Hiddensee mit bestem Paddelwetter, bei der ich es gerade auf der Ostsee fast bereut habe, das nicht länger genießen zu können, stand jedenfalls 9:37 auf der Uhr. Ich könnte kaum glücklicher sein. Zumindest dieser Virus hat mich jetzt jedenfalls wieder erwischt und ich schmiede Pläne auch für das kommende Jahr.

Einsitzen 2021

Ein wenig ungläubig bin ich schon, dass meine letzte Tour zum Griebnitzsee sieben Jahre zurückliegt – ähnlich lange wie meine letzte Teilnahme am Hiddensee-Marathon. Für letzteren habe ich mich gleich im Januar ambitioniert angemeldet. Erstere musste also nach alter Paddler Sitte wieder zur Bestimmung des Fitnessniveaus in diesem Jahr herhalten. Selbes Boot wie vor sieben Jahren und gleiche Erkenntnis: besser habe ich noch in keinem anderen Kajak gesessen. Dadurch lief die Tour trotz langem Gegenwind überraschend flott und leichtgängig. Zur „Belohnung“ gab es gen Ende noch ein paar Unwetterböen, auf denen es sich flott gen Heimathafen surfen ließ.

Eis frei! ins neue Jahr

Pünktlich zum Jahreswechsel hat Steven an den „wichtigsten Termin für die TKV-Winterpaddel-Gemeinde“ erinnert. Da Dänen nicht lügen und ich mir sowas selten zweimal sagen lasse, stelle ich mir den Wecker auch an diesem Neujahrsmorgen auf eine Zeit, die die meisten Mitbürger eher ungläubig zurück lässt. Dafür starte ich gemeinsam mit den ausgebufftesten Frühaufstehern des TKV, einem todsicheren Plan und der Aussicht auf einen grandiosen Sonnenaufgang ins neue Jahr. Außerdem lockt Rührei – das Frühstück der Champions. Da der Jahreswechsel auch in diesem Jahr wieder in den Winter fiel und Wasser bei jahreszeittypischen Temperaturen manchmal hart wird, konnten wir einmal mehr mit unseren Paddeln auf Eis einschlagen, um so manche Engstelle zu passieren (nicht zu Hause nachmachen!). Ich würde lügen, würde ich behaupten, das hätte keinen Spaß gemacht.

Zum sportlichen Teil: Die Statistik der Eierfahrt zum Weißen Schwan ist einfach. In den letzten vier Jahren ging der Titel des Jahresersten zweimal an den TKV und zweimal an die rückwärtsfahrenden Sportfreunde aus Birkenwerder. Welche Ausrede letztere auch immer anbringen (Eis gilt nicht), bis zum 31.12.2017 wird – allen kritischen Blicken und garstigen Kommentaren der Schwan-Belegschaft zum Trotz – eine kunstvoll von weitgereister Männerhand beschriftete Tafel den Notausgang des Schwans zieren. Wie ich schon anderenorts dokumentiert habe, sind Vorsätze nicht meins. Aber mit einem neuen Boot im Stall (der Trend geht zum Fünftboot!) und verschiedenen Plänen im Kopf, führt in diesem Jahr vielleicht eines zum anderen und hier erscheinen wieder mehr Beiträge.

Olympiasieger-Besieger – 1000Seen-Marathon 2014

Als großartige Veranstaltung zum Saisonabschluss hat sich in diesem Jahr wieder der 1000Seen-Marathon herausgestellt. Dieses Mal entscheide ich mich, auf der Marathondistanz anzutreten. Ein nur mäßig trainierter Sitzmuskel und die Eindrücke von der Langdistanz vor zwei Jahren lassen mich vor größeren Anstrengungen zurückschrecken. Die Wetterprognose geht auch in diesem Jahr von regnerischem Wetter aus – soll damit aber (wie in diesem Sommer häufiger) ziemlich daneben liegen. Meine Ansprüche schraube ich nicht allzu hoch. Auf dem Weg zur Diemitzer Schleuse und dem Start des Marathons erspähe ich einen schönen Holzkanadier. Zumindest vor dem möchte ich im Ziel sein. Der zweite Blick weist mich in meine Schranken, erkenne ich doch den Steuermann. Der heißt Andreas Dittmer und ist mehrfacher Weltmeister und Olympiasieger im Kanadier. Hmmm….

Ging es bei unserem Start vor zwei Jahren auf der Langstrecke sehr ruhig ab, ist das Startfeld heute deutlich größer und es wird ganz schön wellig. Ich freue mich, dass ich den Gedanken, mit einem deutlich flotteren Touringboot anzutreten, weggewischt habe. Während ich sicher im Seekajak sitze, kentert ein gutes Stück neben mir bereits ein Streamliner, dem sofort geholfen wird. Klasse! Auch im Kanal zum Vilzsee ist es voll und kabbelig. Ich paddle meine Geschwindigkeit, die nicht unbedingt hoch ist – ich will mich nicht gleich völlig verausgaben. Das Umtragen an der Fleether Mühle klappt dank freundlicher Unterstützung wunderbar und ich verliere wenig Zeit. Ich komme mit einigen Paddlern in lockere Gespräche. Von hinten kommt irgendwann der Kanadier mit Dittmer vorbei. Renntempo fährt der nicht. Dranbleiben kann ich aber momentan auch nicht. Schade.

Geht es also noch entspannter weiter. Ich lasse den ein oder anderen Zweier passieren und ermahne mich, dieses Mal auch die herrliche Natur zu genießen. Auch die Umtragung in Wustrow klappt wunderbar. Auf dem Plätlinsee ist das Feld vor mir wieder besser einzusehen – so weit hinten bin ich ja gar nicht. Vor allem erspähe ich ein rotes Shirt, das ziemlich hoch sitzt. Ich beschließe also, bis zur Schwaanhavel Boden gut zu machen. Schwaanhavel… da war doch was. Kurz: die flache und enge Schwaanhavel bremst natürlich wieder aus.

Ich komme in diesem Jahr aber erstaunlich gut durch und bin am Ausgang recht dicht an einer langgezogenen Gruppe und einem schönen Holzkanadier. Als ich zu diesem aufschließe, macht er gerade an der Fischräucherei am Drewensee fest. Ich höre noch, wie sich die Kanadierfahrer zurufen: „Oh Mist. Jetzt sind wir überholt worden.“ Oh ja – und den Sieg fahre ich jetzt nach Hause! Seit der Schwaanhavel läuft es überraschend gut. Kein Einbruch wie im letzten Jahr. So überhole ich einige weitere Mitpaddler. Ein Kajakfahrer mit Wingpaddel fragt interessiert, was das für ein Paddel sei, das ich da fahre und ob man damit tatsächlich vorwärts kommt. Nach einer kurzen Erläuterung lasse ich Taten sprechen und bin weg.

Ich lege mich auf eine Null-Stop-Strategie fest, schiebe mir Banane Nummer drei sowie Snickers Nummer zwei rein und nehme die nächste Gruppe auf’s Korn. Zweimal heißt es noch an Schleusen umzutragen und ein paar Kilometer abzureißen. Konstant treibe ich mein Kajak voran, kein Einbruch, ich wittere den Sieg. Nach der Canower Schleuse schaue ich mich hin und wieder um. Mit etwas Abstand paddeln da ein paar Kajaks – kein Kanadier. Beschwingt biege ich daher um die Ecke und das Zielfloß kommt in Sicht. Ich lege nochmal ein wenig drauf und ziehe beherzt am Stock. Das war’s. 5:43. Olympiasieger-Besieger!

Hiddensee-Marathon 2014 – Pleiten, Pech und Pannen

Wenn ich zur Zeit bei etwas im Training bin, dann ist es frühes Aufstehen. Der 4:00-Uhr-Wecker am Samstagmorgen zaubert mir also nur ein müdes Lächeln ins Gesicht. Das mit dem Paddeln ist da schon herausfordernder. Wegen anderer Prioritäten habe ich keine 300 km an Vorbereitung im Boot vorzuweisen. Im Vorjahr waren es fast dreimal so viel. Zwar habe ich mich mit ein wenig Krafttraining zu Hause und der ein oder anderen 45-Minuten-Einheit auf dem Ergometer fit gehalten. Aber, dass mir Bootskilometer fehlen, ist mir trotzdem klar. Zwei längere Touren in den letzten vier Wochen geben mir aber die Zuversicht, dass ich zumindest die Distanz von 70 km innerhalb der Zeitvorgaben durchhalten werde. Viel mehr habe ich mir daher auch nicht zum Ziel gesetzt – auch wenn ich natürlich auf eine etwas bessere Zeit als bei den ziemlich widrigen Bedingungen vom Hiddensee-Marathon 2013 schiele.

Nach dem Startschuss befinde ich mich in meinem natürlichen Habitat – ziemlich weit hinten. Die hintere Gruppe ist in diesem Jahr aber etwas größer. Auch insgesamt habe ich das Gefühl, dass sich das Feld nicht so schnell auseinanderzieht. Gleich zu Anfang gibt es eine schöne Überraschung: wir starten mit Rückenwind. Sobald aber die Seeseite von Hiddensee zu befahren ist, heißt das für mich ebenso wieder, dass das Skegboot häufig ausschlägt. Soweit, so bekannt – leider. Trotzdem geht es in diesem Jahr flotter voran auf die Nordspitze.

Dort macht sich so langsam Erschöpfung bei mir breit, sodass die obligatorische Pause beim „Toten Kerl“ sehr gelegen kommt. Nach einer kurzen Rast gehe ich halbwegs regeneriert die zweite Hälfte an. Ab jetzt gibt es Wind von schräg vorn. Ich fahre daher mein Skeg aus. Möchte ich zumindest… das Skeg hat sich offenbar beim Anlanden verklemmt. Und auch ohne dass ich großen Druck ausüben würde, löst sich sofort der Schieber vom Zugseil und das Skeg ist nicht mehr einsatzfähig. Soweit, so bekannt – leider. Werkzeug habe ich dabei. Das letzte Mal auf Elba hat mich diese Reparatur unterwegs aber ein bis zwei Stunden gekostet. Das ist heute nicht drin. Also beschließe ich die 35 km ohne funktionstüchtiges Skeg weiterzufahren. Laut Prognose soll der Wind ja nicht allzu stark sein. Das geht die ersten Kilometer auch ohne größere Korrekturorgien gut. Irgendwann lässt der Wind sogar fast ganz nach.

Leider gibt es trotzdem ganz nette Dünungswellen aus Richtung Hiddensee. Und die machen mich irre! Keine drei Schläge kann ich jetzt machen, ohne dass sich mein Boot zu den Wellen drehen will und ich ein bis zwei Korrekturschläge einbauen muss. Ich freue mich daher schon ziemlich, dass ich das letzte Meldeboot innerhalb der Zeitvorgaben erreiche. Ab jetzt sinken die Ansprüche immer rapider: nur noch schaffen heißt die Devise. Nicht die besten Ausgangsbedingungen für noch gut 15 km. Die ständig notwendigen Korrekturen lassen mich verspannen, sodass ich immer wieder Pausen einlege, um mich im Boot zu strecken. Offenbar übe ich bei der letzten dieser Streckübungen zu viel Druck auf meinen Rückengurt aus, der nun aus der Verankerung reißt. Soweit, so bekannt – leider. Meine von „Das ist jetzt nicht wahr!“ eingeleiteten Flüche hört zum Glück nur der wieder leicht aufgefrischte Wind. Jetzt heißt es: „Trotz alledem!“ Ich will aus eigener Kraft in Stralsund einlaufen, obwohl hinter mir schon drei Begleitboote recht verlockend vor sich hin tuckern.

Auf dem Festland und Rügen zieht jetzt zu allem Glück noch ein Gewitter auf. Immer schneller zieht es zu, Blitze zucken und Donner grollt. Die eben noch sichtbaren Kirchtürme von Stralsund verschwinden wieder im Dunst. Als mich die ersten Tropfen erreichen, wächst auch die Gewissheit, dass das mit der Weiterfahrt wohl eng wird. Kaum habe ich das realisiert, kommt mir auch ein weiteres Begleitboot entgegen. Im Schlepp hat es die beiden Boote, die sich in der letzten halben Stunde deutlich abgesetzt haben, nachdem wir einige Zeit gleichauf gepaddelt waren. Mir wird der Rennabbruch verkündet und ich werde einem DLRG-Boot zugewiesen und von den freundlichen Begleitern an Bord genommen. Bei 61 km und knapp 90 Prozent der Strecke ist damit Feierabend. Ich erkläre meinen Taxifahrern kurz, warum ich so ein sonderbares Paddel benutze, wir sammeln noch einen weiteren Paddler ein und brausen zurück nach Stralsund.

Mit ziemlicher Sicherheit hätte ich mich ohne den Rennabbruch noch die letzten Kilometer ins Ziel gequält. Aber das Wetter hat diesmal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es war die Mühe trotzdem wert. Großer Respekt gilt vor allem den zahlreichen Begleitbooten, die demonstriert haben, dass sie und die Rennleitung vom Stralsunder Kanu-Club stets alles im Griff hatten. Mit diesem beruhigenden Gefühl fällt es leicht, sich voll und ganz auf sich selbst und die eigenen Herausforderungen zu konzentrieren. Bis zum nächsten Jahr!

Nachklapp: Die Ergebnisse sind jetzt verfügbar – mit der von den Veranstaltern „kalkulierten Zeit“ bin ich ganz zufrieden 😉