Nachdem der letzte Beitrag hier auch von Eis handelte, lasst uns doch einfach so tun, als lägen da nicht gut vier Jahre dazwischen. Anpaddeln 2021 wollte ich nämlich noch, bevor es dafür zu kalt wird. An der ein oder anderen windstillen Engstelle war das Wasser auf dem Tegeler See schon heute recht hart. Der Trockenanzug sitzt noch und die Verstärkung der Paddelspitzen im letzten Jahr hat sich auch gelohnt. In der winterlichen Ruhe den Blick über den spiegelglatten See in die Ferne zu richten und dabei den Puls anzutreiben, ist vergleichsweise großartig.
Schlagwort: Winter
Eis frei! ins neue Jahr
Pünktlich zum Jahreswechsel hat Steven an den „wichtigsten Termin für die TKV-Winterpaddel-Gemeinde“ erinnert. Da Dänen nicht lügen und ich mir sowas selten zweimal sagen lasse, stelle ich mir den Wecker auch an diesem Neujahrsmorgen auf eine Zeit, die die meisten Mitbürger eher ungläubig zurück lässt. Dafür starte ich gemeinsam mit den ausgebufftesten Frühaufstehern des TKV, einem todsicheren Plan und der Aussicht auf einen grandiosen Sonnenaufgang ins neue Jahr. Außerdem lockt Rührei – das Frühstück der Champions. Da der Jahreswechsel auch in diesem Jahr wieder in den Winter fiel und Wasser bei jahreszeittypischen Temperaturen manchmal hart wird, konnten wir einmal mehr mit unseren Paddeln auf Eis einschlagen, um so manche Engstelle zu passieren (nicht zu Hause nachmachen!). Ich würde lügen, würde ich behaupten, das hätte keinen Spaß gemacht.
Zum sportlichen Teil: Die Statistik der Eierfahrt zum Weißen Schwan ist einfach. In den letzten vier Jahren ging der Titel des Jahresersten zweimal an den TKV und zweimal an die rückwärtsfahrenden Sportfreunde aus Birkenwerder. Welche Ausrede letztere auch immer anbringen (Eis gilt nicht), bis zum 31.12.2017 wird – allen kritischen Blicken und garstigen Kommentaren der Schwan-Belegschaft zum Trotz – eine kunstvoll von weitgereister Männerhand beschriftete Tafel den Notausgang des Schwans zieren. Wie ich schon anderenorts dokumentiert habe, sind Vorsätze nicht meins. Aber mit einem neuen Boot im Stall (der Trend geht zum Fünftboot!) und verschiedenen Plänen im Kopf, führt in diesem Jahr vielleicht eines zum anderen und hier erscheinen wieder mehr Beiträge.
Wir woll’n die Surfbären seh’n!
Es ist vierter Januar, höchste Zeit für Salzwasser unter dem Kiel. Angesagt ist Windstärke 4 aus Südwest, auffrischend und im Laufe des Tages auf Südost drehend. Wir haben uns daher am Vorabend nicht für die klassische Route der alljährlichen Eisbärentour von Travemünde nach Wismar entschieden, da die letzten Kilometer – insbesondere die Querung der Wohlenberger Wiek – bei dem Wind zu anstrengend erscheinen. Vielmehr wollen wir es uns leicht machen und mit dem Wind im Rücken von Wismar aus nach Rerik paddeln. Nebeneffekt: zwei Stunden mehr Schlaf.
Los geht es also kurz nach neun Uhr. Der Hafen von Wismar verströmt in der aufgehenden Sonne eine gehörige Portion Industrieromantik. Wir halten auf die Insel Poel zu und kommen bei milden Temperaturen und angenehmem Sonnenschein ganz erwartungsgemäß aus dem Surfen gar nicht mehr raus. Die Wellen schieben uns plangemäß mit ordentlichem Tempo genau auf die Brücke zwischen Poel und Festland. Nachdem Poel und die ein oder andere flache Stelle passiert sind, hoffen wir an der Seeseite der Halbinsel Wustrow auf weitere Surfwellen.
Dort erwarten uns aber nur Dünungswellen, bei denen ich mich schon sehr anstrengen muss, will ich sie erwischen. Einmal geschafft, rollt die Welle auch viel zu schnell ohne mein Seekajak weiter. Nichtsdestotrotz kommen wir flott voran und Kirchturm nebst Seebrücke von Rerik schnell in Sicht. Nach gut vier Stunden knirscht zum ersten Mal in diesem Jahr der Ostseestrand unter meinem Boot. Herrlich.
Auf ein Neues!
Am Neujahrsmorgen vor Sonnenaufgang ins Kajak steigen – bei null Grad Luft- und drei Grad Wassertemperatur – klingt für viele Paddler nach ziemlichem Unsinn. Vom gemeinen Nichtpaddler gar nicht erst zu reden. Wenn man diese Denkhürde aber erst einmal übersprungen hat, wird man mit einer grandiosen Tour in den ersten Sonnenstrahlen des neuen Jahres belohnt. Und wenn alles glatt läuft, gibt es auch noch eine große Portion Rührei sowie ein Jahr lang unbezahlbaren Ruhm.
Nach dem in mehrfacher Hinsicht misslungenen Versuch vom letzten Jahr sollte auch das Jahr 2014 mit einem sympathischen Wettbewerb beginnen: demjenigen, der mit einem Paddel- oder Ruderboot als erster im neuen Jahr beim „Gasthaus zum Weißen Schwan“ aufschlägt, winken gebratene Eier auf’s Haus und ein Ehrenplatz auf einer Tafel an der Wand. Das Unterfangen wird von den Kombattanten kreativerweise „Eierfahrt“ genannt. Die grundlegende Taktik in Kürze: wenn die Havel nicht zugefroren ist, ist man am 2. Januar in der Regel zu spät. Auch allzu lange nach Öffnung des Schwans sollte man nicht ankommen. Paddelt man – wie die vier diesjährigen TKVler – ab Tegel, hat man knapp 17 km vor sich und muss dementsprechend früh losfahren.
Mussten wir uns im letzten Jahr noch den Rückwärtsfahrern vom Ruderverein Birkenwerder geschlagen geben, setzen wir in diesem Jahr zum fulminanten Rückschlag an. Als wir den weißen Schwan erreichen, sind wir sowas von die ersten Gäste. Mit einem zu einfachen Sieg geben wir uns nach der letztjährigen Schmach natürlich nicht zufrieden und beschließen den Ruderern entgegen zu paddeln. Als wir sie um die Kurve kommen sehen, drehen wir, setzen zum Sprint an… Der Rest ist Geschichte.
Beim gemeinsamen Scherzen am Bootssteg über unseren Triumph und mögliche Taktiken für das nächste Jahr dämmert es so manchem, dass heute möglicherweise ein Wettrüsten begonnen wurde, das Potenzial für so manche Skurrilität hat. Aber was tut man nicht alles für eine große Portion Rührei, ein Jahr lang Ruhm und grummelnde Ruderer.
Ein frohes neues Jahr!
Neujahrsvorsätze
Wintersaison beendet
Anpaddeln um Eiswerder
Skegs raus, wir surfen nach Fehmarn! – Kalte Ostern an der Ostsee
Den Fehmarn-Urlaub haben wir geplant, als der Winter eigentlich fast schon vorbei schien. Wer wollte da schon damit rechnen, dass es nochmal richtig knackig kalt werden kann. Spötter meinten nun im Vorfeld, wir sollen uns eher auf Schlittschuhlaufen einstellen oder beginnen, uns für Expressionisten zu erwärmen. Da die Boote nach der Aller-Hochwasser-Rallye nun eh auf dem Dach waren, kamen sie erstmal mit. Das Wetter konnte ja nur besser werden…
Nachdem an den ersten Tagen tatsächlich Stadt- und Strandspaziergänge die sportlichen Höhepunkte bildeten, zog es uns bei langsam nachlassendem Wind dann doch irgendwann auf’s Wasser. In unseren Trockenanzügen mit 2-3 Lagen Fleece wahrscheinlich besser verpackt als die Kitesurfer, die am Nordstrand ihre Bahnen zogen, und mit der obligatorischen Sicherheitsausrüstung ging es direkt von der Ferienwohnung aus über den Deich an die Südküste Fehmarns. Der Wind blies mit einer guten 4er Windstärke aus Ost. Um nicht Gefahr zu laufen mit dem Wind freudig hinfortzusurfen und irgendwann nicht mehr zurückzukommen, paddelten wir zunächst gegen den Wind an. So richtig Freude kam dabei nicht auf – wir erreichten kaum eine Geschwindigkeit von 3 km/h. Nach einer guten halben Stunde hieß es daher: „Skegs raus, wir surfen zurück nach Fehmarn!“ und anschließend Auftauen im Hallenbad.
Glücklicherweise wurde es zum Osterwochenende hin doch ein wenig wärmer, die Sonne zeigte sich immer häufiger und der Wind drehte langsam auf Nord. Die Insel bot uns also für zwei weitere Touren zum Flügger Leuchtfeuer und auf den Burger Binnensee nach Burgstaaken hinreichend Windschutz. Das Wasser war fast zu glatt, um wirklich Spaß aufkommen zu lassen. In Anbetracht der Luft- und Wassertemperaturen knapp über dem Gefrierpunkt, waren es aber ideale Bedingungen für die ersten Salzwasserkilometer der neuen Saison.
Vom Eise befreit – schön wär’s: Aller-Hochwasser-Rallye 2013
Da setzt man einmal auf den Klimawandel und freut sich Ende März auf frühsommerliche Temperaturen inmitten der blühenden Bananenhaine im Aller-Leine-Tal, da überrascht der Spaßkopp mit einer Kältewelle allererster Kajüte. Trotzdem steht auch in diesem Jahr die Aller-Hochwasser-Rallye als Saisonauftakt auf dem Programm. Während im letzten Jahr fast T-Shirt-Wetter war, sind diesmal für uns Trockenanzüge mit ordentlich Fleece drunter Pflicht.
Frühmorgens auf dem Weg zum Bustransfer zur Einsatzstelle erhöht das NDR2-Team die Laune mit der Information, dass dies der kälteste 23. März seit 1899 ist. Die 1000 kcal Müsli im Bauch grummeln. Die Stimmung im Bus steigt, als wir einen Schwarm Kraniche passieren, die auf den Feldern um Verden pausieren. An deren Stelle wäre ich ja im Süden geblieben. Muss aber jeder selber wissen.
Bei -3 Grad Lufttemperatur packen wir an der Einsatzstelle in Hodenhagen unsere Boote fertig. Immerhin gewinnt die Sonne zunehmend an Kraft. Der Wind kommt mit 5er Stärke aus Ost, was ziemlich ideal ist und meistens Rücken- oder leichten Seitenwind verspricht… würde sich die Aller nicht auch mal nach Osten schlängeln. Als die Boote nahezu fertig sind, gibt es eine Explosion direkt über unseren Köpfen. Ich fühle mich an unsere Neujahrstour erinnert und drohe in Ohnmacht zu fallen. Schnell wird aber klar, dass es sich nur um den Startschuss handelt – also in die Boote und los!
Catharina treibt schon rasant die Aller hinunter, als ich im Boot bin und ziemlich schnell einen Anfängerfehler bemerke. Beim letzten Hallentraining in der Woche zuvor hat offenbar jemand mit noch kürzeren Beinen meine Fußrasten verstellt. Schon nach der ersten Kurve ist das erste Bein eingeschlafen. Ich kündige also sofort an, dass wir bei nächster Gelegenheit wieder ranfahren müssen. Catharinas Vermutung einer schwachen Blase weise ich empört von mir. Also laufen wir das nächste Kehrwasser an, ich raus aus dem Boot, Fußstützen 10 cm nach vorn und völlig verdreckt wieder rein ins Boot. Zu diesem Zeitpunkt ist meine Spritzdecke bereits völlig vereist. Wer hat nochmal behauptet, Paddeln würde Spaß machen?
Jetzt aber wirklich los! 54 km liegen noch vor uns. Wo wir im letzten Jahr die ersten sprießenden Knospen bewundern durften, liegt jetzt noch Schnee. Das Wetter hat wohl so manchen abgeschreckt. Das Feld ist deutlich kleiner, aber immerhin noch dreihundert Mitstarter sollen es sein. Ziemlich respektabel! Wind und Strömung treiben uns jetzt mit guter Geschwindigkeit Richtung Verden. Nach zwei Stunden Paddelei durchs norddeutsche Flachland ist die erste Snackpause angesagt. Auf Aussteigen hat keiner von uns beiden Lust, da wir bei Temperatur und starkem Wind sicher schnell auskühlen würden – also wird auf dem Wasser gegessen, während uns die Strömung weitertreibt. Catharina hält sich an ihre gefrorenen Bananen, während für mich Schokoriegel und Wasser-Sorbet aus der Trinkblase auf der Menükarte stehen. Fun fact: ein Snickers hat im gefrorenen Zustand wohl genug Luftblasen, dass es mit kräftigen Bissen in viele Einzelteile zerfällt, während das günstigere Lidl-Generikum einen soliden Klumpen aus gefrorenem Süßzeug bildet, den man gewaltsam zertrümmern und dann lutschen muss.
Wie schon erwähnt fließt die Aller auf ihrem Weg nicht immer Richtung Nordwest, sondern auch mal direktemang nach Osten. Man erinnere sich: daher kommt der Wind mit Stärke fünf. Und wenn Wind auf gegenläufige Strömung trifft, gibt das Wellen. Hier wird das Feld plötzlich sehr viel dichter. Viele suchen ihr Heil am Flussrand. Allerdings ist dort die Strömung geringer und in den Kehrwassern sogar gegenläufig. Die Stunde der Seekajaks ist gekommen. Elegant tanzen sie auf den Wellen und nutzen dabei die Strömung wohl ideal aus. Ebenfalls als von Vorteil erweist sich hier mein Grönlandpaddel, was mir einige neidische Kommentare einbringt. Unter diesen Bedingungen bietet es tatsächlich nicht so viel Windangriffsfläche wie die Euro-Löffel. Leider war zu diesem Zeitpunkt der Auslöseknopf meiner Kamera eingefroren und ich hatte nicht so richtig Muße, mit meinen durch den Wind ebenfalls gefrorenen Händen weiter zu versuchen, die Knipse in Betrieb zu nehmen. Der ein oder andere schien sich dieses Stück ein wenig länger gewünscht zu haben. Eine Abstimmung hätte wohl das Gegenteil ergeben. Später hören wir, an dieser Stelle seien auch zwei Paddler gekentert und mussten aus dem Wasser gefischt werden.
Wir folgen weiter den Windungen der Aller, die nur noch einmal ein kurzes Stück nach Ost mit dem entsprechenden Wellengang für uns bereithalten. Bei Kilometer 40 legen wir einen kurzen Landgang ein, da mein Sitzfleisch nicht mehr die gewohnte Kondition aufweist. Mein Sitzkissen hatte ich – ganz Ehrenmann – verborgt. Wir laufen in einen kleinen Hafen ein, in dem wir auch im letzten Jahr kurz pausiert haben. Kurz die Beine vertreten und eine Kleinigkeit gegessen, legen wir auch schon wieder ab. Waren die Hände eben noch recht warm, kühlen sie beim Boote tragen völlig aus. Ich beleidige mehrfach meine völlig vereiste Spritzdecke, die sich mit den steifen Fingern nicht schließen lässt. Der Wind treibt uns immer wieder fast unter eine Steganlage für Motorboote. Statt mir weitere Schimpfwörter für Wetter und Bootszubehör auszudenken, suche ich mir einen sicheren Halt und wärme die Hände notdürftig zwischen meinen Beinen. Mit der wieder gewonnenen Flexibilität lässt sich auch die Spritzdecke schließen. Zügig paddeln wir weiter, um nicht weiter auszukühlen. Jetzt sind es noch knapp 15 Kilometer, die sich ein wenig ziehen, aber am Ende kommt das Vereinshaus des WSV Verden dann doch plötzlicher als gedacht. Das Läuten der Glocke wird dicht gefolgt von einem ehrlichen Korn und hilfsbereite Helfer tragen unsere Boote an Land. Trotz klirrender Kälte war das eine herrliche Tour und ein von den Verdener Paddlern gewohnt gut organisierter Start in die neue Saison.
Nachklapp: Auf der Internetseite der Verdener Kreiszeitung findet sich eine Bilderstrecke zur Veranstaltung. Die Bilder 7 bis 12 zeigen unsere Ankunft in Verden.
Auf ein Neues – Paddeln bis der Arzt kommt
Man soll ja nicht immer nur über großartige Touren, Erfolgserlebnisse und vermeintliche Heldentaten schreiben. Gerade aus Rückschlägen lernt man ja oft am meisten – und seien es nur die eigenen Grenzen. Aber der Reihe nach…
Bei unseren letzten Touren zum „Gasthaus zum weißen Schwan“, in dem wir als Paddler stets sehr willkommen sind und das ca. 17 km vom TKV-Bootshaus entfernt liegt, haben wir hin und wieder eine kleine Tafel an der Wand bewundert. Ebenjenes Gasthaus hat einen Preis für diejenigen Paddler oder Ruderer ausgelobt, die als erste im neuen Jahr anlegen und Rast machen. Das mag in früheren Zeiten später im Jahr gewesen sein. Schon länger hat man allerdings nur eine Chance auf den Ehrenplatz an der Wand, wenn man – Eisfreiheit vorausgesetzt – an Neujahr aufschlägt. Nachdem der auf der Tafel vermerkte Rekord vom 1. Januar 2012 auf 10:03 Uhr lautete und das Gasthaus (offiziell) um 10:00 Uhr öffnete, verblieb uns daher nur ein schmales Zeitfenster, wollten wir 2013 an der Wand prangen.
Dieses Ziel vor Augen setzten sich Catharina, Gero und ich am Neujahrsmorgen in die Boote und legten pünktlichst um 7:26 Uhr ab. Klingt verrückt… ist es wahrscheinlich auch. Belohnt wurden wir durch eine herrliche Zeit in der Ruhe des Tegeler Sees. Nur der ein oder andere versprengte Knall erinnerte noch an die bürgerkriegsähnlichen Zustände der Silvesternacht. Die Skyline von Tegel wurde langsam blutrot und die ersten Sonnenstrahlen trafen auf das leicht vom Wind bewegte Wasser. Hatten wir bis zur Havel noch Gegenwind, schob er uns ab jetzt unserem Ziel entgegen. Sogar der Kanal vor Henningsdorf war in dieser morgendlichen Stimmung idyllisch. Vorbei an den immer imposanter werdenden Biberburgen kamen wir Kilometer für Kilometer unserem Ziel immer näher und die angepeilte Zeit von 10:00 Uhr war greifbar. Als wir kurz vor zehn den Weißen Schwan in Sichtweite hatten, lag allerdings bereits ein Vierer-Ruderer am Steg und das Fähnchen des Rudervereins Birkenwerder wehte arrogant im Wind. Damit waren neben dem gewohnten Platz am Holzsteg auch unser Platz auf der Tafel bereits anderweitig vergeben.
Ich legte daher an einem der übrigen Stege an, stieg aus und zog mein Boot am vorderen Toggle an Land. Dem PE-Bootskörper macht das ja nicht viel aus. Leider dem Gummizug, der das Toggle auf Spannung hält schon… Im letzten Moment löst sich der Haken, der den Gummizug am Ring der Rundumleine halten soll und schnellt mir entgegen. Mit ziemlicher Geschwindigkeit trifft er die Handwurzel meines linken Mittelfingers. Meine Hand ist von den Außentemperaturen und dem Wasser noch ziemlich kalt. Außer einem kurzen Schmerz merke ich daher/trotzdem (?) nichts. Nichts weiter dabei denkend ziehe ich mir die Handschuhe aus und entdecke eine ziemlich eindrucksvolle Beule, die sich gebildet hat und immer größer wird. Zwischenzeitlich habe ich einen großen Huckel vom Durchmesser einer Zwei-Euro-Münze auf meiner Handaußenseite. Ich zeige ihn kurz Gero, der neben mir angelegt hat, verneine aber sofort ruhigen Gewissens, dass die Verletzung wehtut und verschiebe eine Behandlung auf drinnen. Ein paar Momente später wird mir zunehmend schwindelig. Ich setze mich zunächst auf einen der vom Sommer verbliebenen Gartenstühle. Den Vorschlag von Gero, mich hinzulegen, bejahe ich sofort. Den Weg ins Innere des Gasthauses, auf dem er mich stützt, nehme ich kaum noch wahr. Schnell werde ich endgültig bewusstlos.
Zum Glück sind die Ruderer zur Stelle und helfen, mich mit vereinten Kräften hineinzutragen. [Davon hatten sie ja noch genug, da sie einen viel kürzeren Anfahrtsweg hatten. Nur ein Spaß: vielen Dank nochmal!]. Drinnen lichtet sich dann der Schleier wieder und ich werde nach kurzer Abwesenheit wieder klar. Nachdem der Rettungswagen gerufen ist, bin ich auch schon wieder so weit, blöde Sprüche machen zu können. Der Notarzt stellt denn auch einen soliden Blutdruck fest. Damit bin ich, mit einem Eisbeutel bewaffnet, zwar wieder auf dem Damm. Zurück zu paddeln, wäre aber unverantwortlich. Ich vertraue daher mein Boot schweren Herzens Gero und seiner Schleppleine an, während ich selbst die Rückfahrt im Taxi antrete.
Warum mein Körper für meine Verhältnisse so ungewöhnlich (Schock!) reagiert hat, ist mir immer noch nicht ganz klar. Vielleicht mag die Erschöpfung nach dem Paddeln im Kalten und eine noch nicht ganz überwundene Erkältung dazu beigetragen haben. In jedem Fall lehrt es mich, wie abhängig ein Paddler von seinem Material sein kann und wie leicht auch schon klein erscheinende Defekte dumm ausgehen können. Meine Toggle befestige ich jetzt jedenfalls ohne die dämlichen Haken. Und auf die olle Tafel will ich im nächsten Jahr auf jeden Fall.
Nachklapp: erledigt!